Mehr als 10.000 Bücher, Hörbücher, Kalender und nette Kleinigkeiten, die das Lesen noch schöner machen. Vier Buchhändlerinnen und Buchhändler, die man zu Büchern fragen kann, was man will. Sie wissen alles. Und wenn nicht, dann wissen sie, wo es steht. In der Buchhandlung Menger gibt es neben Büchern viel Platz für Gespräche, Informationen und Muße. Seit nunmehr 65 Jahren.
Berlin Tempelhof
Schon in den 30er-Jahren hatte Alfred Menger, Buchhändler aus Leidenschaft, in Neukölln eine Leihbücherei betrieben.
1947, nachdem er zwei Jahre als Widerstandskämpfer im Zuchthaus gesessen hatte, gründete Menger am Tempelhofer Damm, der damals noch Berliner Straße hieß, eine eigene Buchhandlung – mit Neuerscheinungen, Antiquariat und natürlich einem Leihbetrieb.
20.000 Bücher und viel mehr
Der Leihbetrieb wurde Ende der 50er-Jahre eingestellt, und auch das Antiquariat gibt es inzwischen nicht mehr. Dafür ist die Zahl der Neuerscheinungen immens gestiegen.
Rund 90.000 Bücher kommen jährlich auf den Markt, etwa eine Million Titel sind lieferbar. Das sei einer der größten Unterschiede zu früher, erzählt Susanne Prochnow, die seit 1983 in der Buchhandlung Menger arbeitet.
Die Tempelhoferin ist die “Dienstälteste” im Menger-Team. Lutz Gauer, ebenfalls Berliner, kam vor sieben Jahren zu Menger; Filialleiter Hilko Odens, gebürtiger Ostfriese, ist seit sechs Jahren dabei. Die Brandenburgerin Josephin Hartwig begann als Auszubildende bei Menger und ist seit zwei Jahren ebenfalls feste Mitarbeiterin.
Gemeinsam haben sie fast alle Bücher gelesen, die in den Regalen stehen. Doch nach welchen Kriterien werden die Bücher eigentlich ausgewählt? “Zwei Mal im Jahr, im Frühling und Herbst, gibt es von den Verlagen die Vorschauen mit allen Neuerscheinungen. Zu einigen bekommen wir auch Leseexemplare, die wir bewerten. Wenn sie uns gefallen, bestellen wir die Bücher. Viel bestellen wir aber auch nach Interesse und Auswahl, an die Kunden angepasst“, erzählt Susanne Prochnow.
Schöne neue Bücherwelt
2011 wurde die kleine Buchhandlung modernisiert. An der Bücherwand, direkt gegenüber vom Eingang, werden ausgewählte Neuerscheinungen präsentiert. Auf den Tischen liegen gebundene Werke und Taschenbücher, viele mit einer persönlichen Empfehlung des Menger-Teams.
Rechts und links stehen neue und klassische Krimis aus aller Welt, Science-Fiction, Wörterbücher und fremdsprachige Literatur. Und dann gibt es noch eigene Regale für Berlinfans, große und kleine Kinder, Reiselustige und Gesundheitsbewusste. “Wir haben rund 10.000 Bücher und 5.000 weitere Artikel hier”, umfasst Lutz Gauer das Sortiment. In den bequemen Korbstühlen am Schaufenster blättert es sich besonders gut, egal ob im Roman, im Bildband oder in den ersten Seiten eines Thrillers.
Per Computer durch das Internet
Susanne Prochnow ist Buchhändlerin mit Leib und Seele. Sie freut sich über jeden Kunden, der mehr von ihr verlangt als eine einfache Buchbestellung.
Vor allem das Internet und die Möglichkeit, online zu bestellen, hätten das Buchgeschäft stark verändert.
An manchen Tagen sitze sie nur am PC und nehme Bestellungen auf. “Am schönsten ist es, wenn die Kunden von mir etwas über die Bücher wissen möchte. Oder wenn ich antiquarisch nachforschen muss. Wenn ich wirklich meinen Kopf anstrengen muss. Wenn ich dem Kunden etwas empfehlen darf. Das zeichnet doch einen Buchhändler aus.”
Auch das Bestellwesen im Buchhandel hat sich in den vergangenen Jahrzehnten sehr geändert. Gab es früher noch die grünen (für Taschenbücher) und gelben (für gebundene Bücher) Laufkarten, die hinten in jedem Buch lagen, musste jedes Buch telefonisch bestellt werden und dauerte es zwei bis drei Tage, bis es endlich da war, reicht jetzt eine Onlinebestellung.
“Heute gehe ich an meinen PC, und morgen ist das Buch da.” Das wissen die Menger-Kunden zu schätzen. Rund 60 Prozent von ihnen sind Stammkunden, manche kommen schon seit Jahrzehnten.
Der Name des Buches
Liest eine Buchhändlerin auch in der Freizeit? “Na klar“, sagt Susanne Prochnow. „Ungefähr zwei bis drei Bücher pro Woche. Ich lese jeden Abend und in der Mittagspause.”
Allerdings lese sie nicht immer bis zum Ende. “Früher hab ich jedem Buch ‘ne Chance gegeben, egal, wie schlecht das war. Aber jetzt hab ich das Gefühl, schon alles gelesen zu haben. Es gibt keine neuen Themen mehr. Und wenn der Stil dann noch schlecht ist oder Rechtschreibfehler drin sind, dann les ich es nicht mehr aus. Die Zeit hab ich nicht mehr. Und will sie dafür nicht mehr haben.”
Zeit für eine ihrer Lieblingsautorinnen hat Susanne Prochnow allerdings immer noch. Isabel Allende, die chilenische Schriftstellerin, hat sie schon mit ihrem ersten Buch “Das Geisterhaus” begeistert.
“Das Politische, was man sonst nicht so mitbekommen hat, was so schwierig zu verstehen war, das beschreibt sie so leicht verständlich. Und sie hat eine hervorragende Sprache. Die lese ich immer wieder gerne”.
Kalender Girl
Von Monet über Wale bis zu Musik und Architektur: Susanne Prochnow hat es nicht nur mit Büchern zu tun. Sie ist verantwortlich für die vielen Kalender, die Menger ab Herbst anbietet. Bis vor wenigen Jahren hatte die Tempelhofer Buchhandlung nach dem KaDeWe das zweitgrößte Kalendersortiment in der Stadt. Wie wählt man aus der Masse die richtigen Angebote aus? “Das kann ich nicht sagen. Das ist hier” (sie zeigt auf ihr Herz). Wie gut sie damit liegt, zeigt sich am Ende jeden Jahres. “Wir sind die Buchhandlung, die am wenigsten an die Großhändler zurückschickt.”
Buch und Bühne
Dass das Buchhandlungsteam auch ein gutes Händchen für Veranstaltungen hat, zeigen die regelmäßigen Buchvorstellungsabende. Vor ausverkauftem Haus präsentieren Prochnow und ihre Kollegen ihre Lieblingsbücher, lesen etwas daraus vor und erzählen, warum sie so begeistert sind.
Das Publikum, zu 90 Prozent Stammkunden, sitzt dicht gedrängt und lässt sich gerne etwas empfehlen.
Sehr beliebt waren im vergangenen Jahr die vorweihnachtlichen Bücherabende. In entspannter Atmosphäre stöberten die Kunden bei Punsch und selbst gebackenen Keksen nach literarischen Weihnachtsgeschenken. In diesem Jahr wird das Menger-Team den Buchladen an zwei Adventssonntagen öffnen, um neue Bücher, beliebte Klassiker und unbekannte Werke vorzustellen.
Die Herrin der Bücher
Mehr als 50 Jahre war die Buchhandlung Menger ein reines Familienunternehmen, bis Helga von Sichart, eine ehemalige Mitarbeiterin, das Geschäft 1999 übernahm. Heute gehört die Traditionsbuchhandlung Christiane Schulz-Rother.
Die Vorsitzende im Landesverband des Börsenvereins der deutschen Buchhandels übernahm ihre erste Buchhandlung, die Tegeler Bücherstuben, 1992 von ihrer Tante. 1999 kam die Glienicker Bücherstube hinzu, und seit 2010 ist die Buchhandlung am Tempelhofer Damm die dritte im Bunde. Und das ist auch ja ganz schön familiär. Der Tempelhofer Lesestoff wird also nicht ausgehen.
Adventsbüchersonntage: 9. und 23. Dezember 2012
Buchhandlung Menger
Tempelhofer Damm 186, 12099 Berlin. Telefon: 030/752.50.44
Öffnungszeiten:
Montag – Freitag 9.00 bis 19.00 Uhr
Samstag 9.00 – 16.00 Uhr, im Dezember bis 18 Uhr.